Wir werden am Gedenken für die Opfer der Deportationen festhalten

Initiative „Gedenkort Güterbahnhof Darmstadt“

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Mitteilung an die Medien                                       24. Mai 2013

Wir werden am Gedenken für die Opfer der Deportationen festhalten

Den Künstlern Ritula Fränkel und Nicholas Morris ist die 2004 verwirklichte Konzeption für das Denkzeichen am Güterbahnhof zu verdanken. Es ist den Sinti-Familien und den jüdischen Opfern der 1942/1943 von Darmstadt ausgegangenen Deportationen in den Völkermord gewidmet. Das Denkzeichen wurde 2006 schwer beschädigt und 2013 unter großem finanziellem Aufwand mit Hilfe von Spenden und Mitteln aus dem Haushalt der Wissenschaftsstadt Darmstadt wieder hergestellt. Zwei Monate nach der erneuten Einweihung im März dieses Jahres ist das Denkzeichen wieder – alle Anzeichen deuten darauf hin: absichtlich – schwer beschädigt worden.

 

Ritula Fränkel und Nicholas Morris haben dazu eine Erklärung mit folgendem Wortlaut abgegeben:

Denkzeit für das Denkzeichen

 Wir empören uns!

Das Denkzeichen Güterbahnhof ist erneut angegriffen und beschädigt worden.

Deshalb sollte der Glaskubus sofort an einen sicheren Ort gebracht werden.

Weitere Angriffe sind zu befürchten.

 Ein Verweis auf die Wunde, die mit der Zersplitterung des Glases wieder aufgerissen wurde, soll vor Ort angebracht werden. Anstelle des Objekts der Zerstörung wird ein Text erklären, dass es notwendig geworden ist, einen Schutz für die Namen der während des Nationalsozialismus deportierten Darmstädter zu finden, die in dem Glaskubus genannt sind.

Die Dauerhaftigkeit des Erinnerns muss gewährleistet sein.

Wir brauchen eine Denkzeit, um die Sicherung und Weiterentwicklung der Kunstinstallation in Folge der aktuellen Beschädigung zu planen.

 Die Wunde soll offen bleiben.

Ritula Fränkel und Nicholas Morris

Wir hoffen auf Unterstützung.“

Als Initiative „Gedenkort Güterbahnhof Darmstadt“ veröffentlichen wir diese Erklärung der beiden Künstler mit deren Einverständnis und fügen hinzu: Wir haben die Initiative für den Gedenkort vor mehr als 10 Jahren eingeleitet, sie unterstützt und begleitet und teilen die Empörung und das Gefühl tiefer Verletzung, die in der Erklärung von Ritula Fränkel und Nicholas Morris zum Ausdruck gebracht werden. Wir fordern die Aufklärung des kriminellen Angriffs auf das Denkzeichen am Güterbahnhof, der eine Verhöhnung nicht nur der Darmstädter, sondern aller von den Nationalsozialisten in die Todeslager deportierten Opfer darstellt. Das Denkzeichen ist offensichtlich eine fortwährende Provokation für Angriffe, die Antiziganismus, Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und Menschenverachtung oder auch dumpfen Vandalismus zum Hintergrund haben. Wir begrüßen den raschen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung, die Beseitigung des dem Denkzeichen zugefügten Schadens unverzüglich in die Wege zu leiten. Wir werden alle Schritte unterstützen, die dem Gedenken an die Darmstädter Deportationsopfer einen dauerhaft geschützten Raum verschaffen. Dies sind wir den Ermordeten, ihren Familien und den Überlebenden der Nazibarbarei schuldig.

Erstunterzeichnerinnen und Erstunterzeichner:

Renate Dreesen und Peter Schmidt (Sprecherin und Sprecher der Initiative Denkzeichen am Güterbahnhof), Jochen Partsch (Oberbürgermeister), Hannelore Skroblies (Darmstädter Geschichtswerkstatt e.V.), Monika Kanzler-Sackreuther (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten, Südhessen), Dr. Elisabeth Krimmel, Prof. Dr. Werner Durth,  Ulrike und Otto Schüttler,  Dr. Hans Joachim Landzettel,  Christoph Jetter,  Peter Gooss,Martina Hammann, Klaus Müller, Marion Ahl, Peter Brunner, Hans-Willi Ohl,Ute Meißner-Ohl, Brigitte Ehrhardt, Volkmar Schweickert, Renate Knigge-Tesche, Thomas Altmayer, Gabriella Deppert, Dr. Fritz Deppert, Marc Mandel, Ellen Eckhardt, Lothar Triebel, Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Darmstadt e.V., Godehard Lehwark, Rückblende gegen das Vergessen und Gegen Vergessen-Für Demokratie, Reg. Arbeitsgruppe Nordhessen/Südniedersachsen,Ernst Klein, Alexander Staab, Rainer Sens, Bürgermeister der Stadt Hirschhorn am Neckar, Volker Weber, Anna und Peter Berneiser, Prof. Dr. Gerd Steffens,Karin Steffens, Dr. Bärbel Söllner, Gerhard Langermann, Michaela Rützel, Sylvia Gerspach, Inge Landzettel, Birgitt Bär, Dietlinde King, Brigitte Göckel, Folkmar Schirmer, Dr. Monika Hölscher, Evangelische Marienschwesternschaft e.V.,34 Mitglieder der Wohnungsbau-genossenschaft AGORA eG Darmstadt, Hannes Heer 

Unterstützende Unterschriften können mitgeteilt/eingesandt werden an:

Renate Dreesen, Adam-Schwinn-Str. 49, 64319 Pfungstadt, Tel. 06157-84470 rdreesen@gmx.net

Peter Schmidt,Lauteschlägerstr. 19,64289 Darmstadt,Tel 06151/74543 c.p.schmidt@arcor.de

 

 

 

 

Mahnmal für deportierte Juden, Sinti und Roma erneut zerstört

7. Mai 2013  | bif

Mahnmal für deportierte Juden, Sinti und Roma erneut zerstört

Erste Zerstörung zog 41.000 Euro teure, zum Großteil aus Spenden finanzierte Sanierung nach sich

Kaputt gemacht: Das Denkzeichen Güterbahnhof, das an die Deportation von Juden, Sinti und Roma erinnert und erst vor zwei Monaten für 41 000 Euro saniert worden war. Magistratsmitglied Peter Schmidt hat den Schaden am Freitag entdeckt.  Foto: Roman Grösser

Vergrößern | Kaputt gemacht: Das Denkzeichen Güterbahnhof, das an die Deportation von Juden, Sinti und Roma erinnert und erst vor zwei Monaten für 41 000 Euro saniert worden war. Magistratsmitglied Peter Schmidt hat den Schaden am Freitag entdeckt. Foto: Roman Grösser
DARMSTADT.

Mitte März war das Denkzeichen Güterbahnhof für die deportierten Juden, Sinti und Roma nach einer 41 000 Euro teuren, zum Großteil aus Spenden finanzierten Sanierung wieder aufgestellt worden. Nun wurde es erneut zerstört. Die Stadt hat Anzeige erstattet.

„Diese wiederholte Beschädigung des Denkzeichens Güterbahnhof stimmt mich sehr traurig und gibt auch Anlass zur Sorge“, sagte Oberbürgermeister Jochen Partsch, der sich nach Bekanntwerden des Schadens am Güterbahnhof einfand.

Vor dem Hintergrund des NSU-Prozesses in München, der beleuchtet, wie aktiv der militante Rechtsterrorismushierzulande aktuell ist, sei es geboten, schnellstmöglich aufzuklären, „ob es sich um eine gezielte rechtsextremistische Zerstörung handelt oder aber um eine kriminelle Sachbeschädigung ohne politischen Hintergrund“.

Das Denkmal müsse jetzt gemeinsam mit den Opfergruppen owie der Initiative Denkzeichen untersucht und es müsse überlegt werden wie es erneut restauriert werden kann. Partsch: „Mein Ziel ist es, einen würdigen und sicheren Ort für das Denkzeichen Güterbahnhof zu haben.“

Hinweise nimmt die Polizei unter der Telefonnummer 06151 969-0 entgegen.

Das Denkzeichen Güterbahnhof wurde 2004 zur Erinnerung an die Juden, Sinti und Roma, die 1942/1943 von Darmstadt aus in die Vernichtungslager deportiert wurden, in der Bismarckstraße/Ecke Kirschenallee am ehemaligen Güterbahnhof errichtet. Entworfen wurde das Denkzeichen von dem Künstlerpaar Ritula Fränkel und Nicholas Morris. Von einem Prellbock führen Eisenbahnschienen zu einem Glaskubus. Im Inneren des Kubus befinden sich Glasscherben, auf denen 450 Namen graviert sind, stellvertretend für 3.400 Menschen aus Darmstadt und der Region, die von diesem Ort aus in die Konzentrationslager Osteuropas gebracht wurden.

In der Nacht vom 9. auf den 10. Juli 2006 wurde das Denkzeichen am Güterbahnhof durch randalierende Jugendliche erheblich beschädigt. Das Denkzeichen stand bis Ende des Jahres 2012 im beschädigten Zustand am Güterbahnhof. Auch aus Anlass des „Darmstädter Gedenkjahres gegen des Vergessen“ wurde der Kubus dann abgebaut, restauriert und neu installiert.

Die Kosten von insgesamt rund 41.000 Euro übernahmen engagierte Bürgerinnen und Bürger, Darmstädter Institutionen und die Stadt Darmstadt gemeinsam. Im Rahmen einer Gedenkveranstaltung an die letzten großen Deportationen 1943 war das Denkzeichen Güterbahnhof am 11. März zum Auftakt des Gedenkjahres 2013 „Gegen das Vergessen“ wieder aufgestellt worden. Diese Gedenkveranstaltung war auch mit einer Rede von Oberbürgermeister Jochen Partsch die Auftaktveranstaltung für das Gedenkjahr.

Horst Schäfer liest „verbrannte Literatur“

80 Jahre nach der Bücherverbrennung

Mehr als 2000 Autoren und Autorinnen wurden ab 1933 von den Nationalsozialisten aus politischen Gründen oder weil sie jüdischer Herkunft waren verfolgt und verfemt. Ihre Bücher wurden verboten und verbrannt.

Horst Schäfer liest „verbrannte Literatur“

Unter ihnen waren Ernst Toller, Erich Mühsam, Bertold Brecht, Albert Ehrenstein, Klabund, Erich Kästner, Joachim Ringelnatz, Jakob Haringer, Stefan Zweig, Josef Roth, Irmgard Keun, Oskar Maria Graf, Walter Mehring und viele andere.

Dienstag, 7. Mai 2013 Beginn 19.30Uhr

Synagoge Pfungstadt, Hillgasse 8

Eintritt: 8,-€/5,-€

  

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Vorbildlicher Einsatz gegen Rassismus

Darmstädter Echo

27. April 2013  | jah

Vorbildlicher Einsatz gegen Rassismus

„Gesicht zeigen!“ – Renate Dreesen und das „Netzwerk für Demokratie und Courage“ geehrt

Das Denkzeichen Güterbahnhof, von dem aus 1942 und 1943 die Todeszüge in die Vernichtungslager fuhren. Der Erinnerungsort Liberale Synagoge auf dem Klinikumsgelände. Das rostige Denkmal gegenüber dem Justus-Liebig-Haus, das an die Deportation der Sinti und Roma erinnert. gegen das Vergessen. Oder die Stolpersteine auf Darmstadts Straßen: All diese Orte sind Mahnmale, die eine Haltung gegen Fremdenhass im Stadtbild sichtbar werden lassen. Beispielhaft – und im Sinne des Darmstädter Preises „Gesicht zeigen!“, der am Freitag vergeben wurde.

Einstimmige Auswahl der Jury

Aus acht Vorschlägen hatte sich die Jury jeweils einstimmig für die Preisträger ausgesprochen. So erhielt Renate Dreesen den Preis für einen besonderen Beitrag zur Erinnerungskultur in Darmstadt. Die Lehrerin der Heinrich-Emanuel-Merck-Schule hatte sich maßgeblich für den Gedenkort Güterbahnhof eingesetzt. Neben ihrem Engagement für die Gedenkstätte organisiert Renate Dreesen immer wieder Begegnungen zwischen Überlebenden des Holocausts und Jugendlichen. „Damit leistet sie einen wichtigen Beitrag zur Völkerverständigung, gegen das Vergessen“, wie Oberbürgermeister Jochen Partsch sagte.

„Unglücklich das Land, das Helden nötig hat“, zitierte die Preisträgerin Bertolt Brecht in ihrer Dankesrede und fügte hinzu: „Ich bin stolz, dass wir keine Helden sein müssen, sondern nur starke Nerven für solche Initiativen brauchen.“

Damit schlug sie eine Brücke zu dem zweiten Preisträger: Das „Netzwerk für Demokratie und Courage“ wurde für eine besondere Präventionsarbeit „mit hohem inhaltlichen Niveau“ – wie Partsch in der Begründung sagte – ausgezeichnet. Der Verein bietet Projekttage an Schulen zu den Themen Diskriminierung, Rassismus, Sexismus oder Homophobie an, die Schüler fit machen sollen gegen menschenverachtende Einflüsse in der Gesellschaft.

„Wir zeigen den Jugendlichen außerdem, wie Zivilcourage konkret umgesetzt werden kann, wenn es drauf ankommt“, sagte Sascha Schmidt, der den Preis stellvertretend für den Verein entgegen nahm. Die Besonderheit an dem Projekt: Die Ehrenamtlichen sind zwischen 20 und 30 Jahren alt. „Wir sind näher an den Jugendlichen dran, wir erreichen sie besser“, sagte einer der Teamer, Stefan Salewski.

Weil die Nachfrage nach den für die Schulen kostenfreien Projekttagen ansteige, könne der Verein das Preisgeld in Höhe von 1000 Euro gut gebrauchen, sagte Schmidt. Renate Dreesen, die ein Preisgeld in gleicher Höhe erhält, möchte damit den Dokumentarfilm „Was geht uns das an?“ – den sie gemeinsam mit einer 11. Klasse nach dem Gespräch mit Zeitzeugen der NS-Diktatur gedreht hat – mit englischen Untertiteln versehen, um ihn damit noch mehr Jugendlichen zugänglich zu machen.

 

 

 

Stolpersteinverlegung in Eschollbrücken am 10. April 2013


Zum 2. Mal werden in Pfungstadt Stolpersteine verlegt – diesmal allerdings nur in Eschollbrücken. Wir laden Sie herzlich zur Verlegung ein.

Der Arbeitskreis ehemalige Synagoge Pfungstadt e.V. wird am 10. April 2013 ab 15.00 Uhr in Zusammenarbeit mit dem Verein für Heimatgeschichte Eschollbrücken / Eich 1982 e.V. in Pfungstadt-Eschollbrücken 8 weitere Stolpersteine für jüdische Eschollbrücker Mitbürger verlegen lassen, die Opfer des Holocaust wurden. Der Künstler Günter Demnig verlegt doe Stolpersteine.

In der Pfungstädter Straße 6 werden 3 Stolpersteine für Samuel Wolf, seine Frau Selma sowie deren Tochter Helene vor deren ehem. Wohnhaus verlegt werden.

Auf dem Schulhof wird gegen 15.30 Uhr an der Stelle des ehemaligen Wohnhauses von Adolph Lorch ein Stolperstein für dessen Sohn Alphons Lorch verlegt werden.

In der Darmstädter Straße 33 werden gegen 15.50 Uhr 4 Stolper-steine für Hermann Landsberg, seine Frau Agathe sowie für deren Tochter Margot und Sohn Günter vor deren ehem. Wohnhaus verlegt werden.

Die Patenschaften für 2 Stolpersteine hat der Verein für Heimatgeschichte Eschollbrücken / Eich übernommen, 4 weitere Patenschaften übernahmen Vorstandsmitgliedern dieses Vereins und deren Familien; für Samuel Wolf und dessen Frau Selma übernimmt der TSV Eschollbrücken-Eich die Patenschaft und erinnert damit an den langjährigen 2. Vorsitzenden, Schriftführer und aktiven Turner des Turnvereins und Organisator des Turnhallenbaus in den 20er Jahren.

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Arbeitskreis ehemalige Synagoge Pfungstadt e.V.

Stolpersteinverlegung in Eschollbrücken am 10. April 2013

Zum 2. Mal werden in Pfungstadt Stolpersteine verlegt -­‐ diesmal allerdings nur in Eschollbrücken. Wir laden Sie herzlich zur Verlegung ein.

Zeitplan

15.00 Darmstädter Str. 33

HERMANN LANDSBERG

AGATHE LANDSBERG

GÜNTER ABRAHAM LANDSBERG

MARGOT LANDSBERG

15.30 Freitaggasse – Bürgerheim Eschollbrücken

ALPHONS LORCH

15.50 Pfungstädter Str. 6

SAMUEL WOLF

SELMA WOLF

HELENE WOLF

 

Einladung zur Mitgliederversammlung

Arbeitskreis ehemalige Synagoge Pfungstadt e.V.

Renate Dreesen 1. Vorsitzende

Adam-Schwinn-Str. 49 64319 Pfungstadt 06157/84470 rdreesen@gmx.net

Einladung zur Mitgliederversammlung

Liebe Mitglieder,

24.3.2013

Die Mitgliederversammlung findet am 9.4.2013 um 19.00 Uhr in der ehemaligen Synagoge statt. Sie sind herzlich eingeladen.

Seit einiger Zeit stellen wir mit großem Bedauern fest, dass wenige Mitglieder zu unseren Veranstaltungen kommen oder an Exkursionen teilnehmen. Wir würden gerne auch wieder eine Ausstellung zeigen, aber die wenigen aktiven Mitglieder – das ist im wesentlichen der Vorstand – können das alleine nicht leisten. Natürlich sind wir sehr dankbar für Ihre finanzielle Unterstützung, aber wir würden uns sehr freuen, wenn Sie an der Mitgliederversammlung teilnehmen würden. Vielleicht haben Sie auch Kritik an unserem Programm oder Anregungen. Das ist uns alles willkommen.

Tagesordnung

  1. Begrüßung
  2. Bericht der Vorsitzenden
  3. Bericht der Kassenprüfer
  4. Vorschläge zur Programmgestaltung
  5. Mitgliederwerbung
  6. Sonstiges

Wir freuen uns auf Ihr Kommen.

Mit freundlichen Grüßen Renate Dreesen

www.synagoge-pfungstadt.de
www.denkzeichen-gueterbahnhof.de
Bankverbindung: Sparkasse Darmstadt BLZ 508 501 50 Konto 50003191

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Gedenkveranstaltung am Güterbahnhof

Veröffentlicht am 

15. März 2013  | Von Marc Mandel

In Darmstadt gab es willige Vollstrecker

Gedenkfeier – Renovierung des Glaskubus am siebzigsten Jahrestag der letzten Deportation von Sinti und Roma

 | Das zerstörte „Denkzeichen“ ist wiederhergestellt: Der Glaskubus am Güterbahnhof erinnert an die Deportation von Juden, Sinti und Roma in das Todeslager Auschwitz-Birkenau. Die Hälfte der Renovierungskosten wurde durch Spenden aufgebracht. Foto: Roman Grösser

 

„Das Denkzeichen Güterbahnhof ist ein Beitrag zum kulturellen Gedächtnis unserer Stadt“, sagte Jochen Partsch am Freitag, „unser Grundprinzip muss sein, Verantwortung für die Geschichte zu übernehmen und daraus zu lernen.“
Zum ersten Mal trafen sich an der Ecke Bismarckstraße/Kirschenallee bei einer gemeinsamen Gedenkveranstaltung am Freitagvormittag die Jüdische Gemeinde Darmstadt und der Landesverband der Sinti und Roma mit Vertretern der Wissenschaftsstadt sowie der Initiative „Denkzeichen Güterbahnhof“. Vor genau siebzig Jahren war die letzte große Deportation von hier aus gestartet.

Das „Denkzeichen“ besteht aus einem Glaskubus, in dem Scherben zu sehen sind, auf denen die Namen von 600 Menschen eingraviert sind, die von hier aus in Viehwaggons in die Todeslager transportiert wurden. Die Künstler Ritula Fränkel und Nicholas Morris ließen den Kubus 2004 auf einen abgeschnittenen Schienenstrang montieren, der in einem Prellbock mündet. Im Juli 2006 beschädigten ihn Hooligans so stark, dass Wasser eindrang und ihn langsam zerstörte (wir haben berichtet). Sie hatten rund um den Hauptbahnhof einen Schaden von mehr als 150 000 Euro verursacht.
Von den Renovierungskosten wurden mehr als die Hälfte durch Spenden aufgebracht, wie der Oberbürgermeister betonte – unter anderem durch die Aufführung des Oratoriums „Annelies“ am 1. Mai in der Orangerie (wir haben berichtet). Vom Güterbahnhof aus fuhren mehr als 3000 Juden in den Tod sowie fast 600 Sinti und Roma. Am Freitag wurde es ganz still an der Ecke Bismarckstraße/Kirschenallee, als Schüler der Heinrich-Emanuel-Merck-Schule in klirrender Kälte Namen von Deportierten mit Altersangabe vorlasen. Vielen wurde erst jetzt bewusst, dass auf den Todeslisten die Namen von zahlreichen Kindern standen, sogar von Säuglingen.
Der Schauspieler Horst Schäfer bot eine ergreifende Interpretation der „Todesfuge“ von Paul Celan. Romeo Franz und sein Sohn Sunny spielten auf ihren Violinen „Gloomy Sunday“ (das Lied vom traurigen Sonntag), wobei sie von Unge Schmitt auf der Gitarre begleitet wurden. „Die Nazi-Verbrechen waren nur möglich, weil es auch in Darmstadt willige Vollstrecker gab“, betonte Jochen Partsch, „es hat 1944 sogar Pläne für ein Konzentrationslager in Darmstadt gegeben. Sie sind lediglich durch die Brandnacht am 11. September vereitelt worden.“
Die Vernichtung einer halben Million Sinti und Roma durch die Nazis sei lange ein unbekanntes Kapitel unserer Geschichte gewesen. Der Oberbürgermeister verwies auf das Mahnmal von Bernhard Meyer auf dem Ludwig-Metzger-Platz vor dem Justus-Liebig-Haus, das daran erinnert, dass zahlreiche Sinti-Familien in der Altstadt lebten.
Betrachte man länger die in sich verkeilten Glasscherben im „Denkzeichen“, sei etwas von der Gewalt gegen diese Menschen zu spüren, sagte der Oberbürgermeister. Am 15. März 1943 wurden die verbliebenen Darmstädter Sinti an ihren Arbeitsstellen verhaftet, um in das Todeslager Auschwitz-Birkenau transportiert zu werden.

 

 

 

 

Von Wagner zu Hitler Vortrag von Hannes Heer

  Von Wagner  zu Hitler

Die Bayreuther Festspiele und „die Juden“ 1876 bis 1945

Vortrag: Hannes Heer

Historiker und Kurator der Bayreuther Ausstellung „Verstummte Stimmen“

Donnerstag, 14.2.2013 um  19.30 Uhr

Synagoge Pfungstadt, Hillgasse 8

Eintritt  7,-€/5,-€ ermäßigt

  

   

Die Ausstellung „Verstummte Stimmen“ vor dem Bayreuther Festspielhaus

Von Wagner zu Hitler. Die Bayreuther Festspiele und „die Juden“ 1876 bis 1945

„Das Kunstwerk der Zukunft“, dem Richard Wagner in seinen Musik-Dramen im abgelegenen Bayreuth eine spektakuläre Bühne erschuf, wollte eine neue Ästhetik und war zugleich eine Kriegserklärung an die durch die politische und industrielle Revolution im 18. und 19. Jahrhundert entstandene Welt der Moderne. Als deren Verkörperung galt Wagner, im Rückgriff auf den Antisemitismus der Romantik, „der Jude“, den er als den „geborenen Feind der reinen Menschheit und alles Edlen in ihr“ ansah. Diese moderne Welt der Politik, der Unfähigkeit zur Liebe, der Kulturlosigkeit, der Tücke, des Geldes, des Nihilismus ließ er in Figuren wie Ortrud, Venus, Beckmesser, Mime, Alberich und Klingsor Bühnenwirklichkeit werden – alles „Judenkarikaturen“ (Adorno) und „negative Charaktere“ (Wapnewski), denen die positiven „deutschen“ Helden Hans Sachs, Siegfried, Brünnhilde und Parsifal entgegengestellt wurden.
Nach Wagners Tod erbte Cosima mit den Festspielen auch diese antagonistische Bühnenwelt. Sie machte aus dem Erbe kein Mausoleum, sondern ein politisches Instrument: In dem „deutschen Reich jüdischer Nation“ wollte sie Bayreuth als „deutsches Theater mit allen Nationen, die ‚Bevorzugten’ ausgenommen“, etablieren. Die „Bevorzugten“ waren die „Juden“. Cosima praktizierte diese Apartheidpolitik das erste Mal bei der Inszenierung der Meistersinger 1888: Es war die erste gewollt „judenfreie“ Aufführung in der deutschen Theatergeschichte. In der Folge wurden „jüdische“ Künstler nur eingeladen, wenn keine „deutschen“ zur Verfügung standen und dann nur für die kleinen oder für die „negativen“ Rollen.
Ihr Sohn und Nachfolger Siegfried Wagner hat diese antisemitische Besetzungspolitik ab 1908 übernommen. Und er hat unter Anleitung von Cosimas langjährigen Mentor und Schwiegersohn, Houston Stewart Chamberlain, dem Begründer des modernen Rassenantisemitismus, zusammen mit seinen Schwestern und seiner Frau den Weg in die antisemitisch-deutschnationale Tagespolitik genommen: 1916 wurden er und Chamberlain Mitglieder des „Alldeutschen Verbandes“, der rechtsextremen Denkfabrik des Kaiserreichs, 1917 trat die ganze Familie der auf Endsieg statt auf Frieden geeichten „Vaterlandspartei“ und 1923, nach einer Begegnung mit Hitler, der NSDAP bei. 1925 besuchte Hitler erstmals die Festspiele. Von da an datierte die enge Freundschaft zwischen ihm und Winifred. Siegfried duzte den „Führer“ schon seit der ersten Begegnung. Dass die Festspiele ab 1933 endgültig zu „Hitlers Hoftheater“ (Thomas Mann) wurden, war also kein Zufall.