Gedenkveranstaltung
zur Erinnerung
an die aus Darmstadt deportierten
Juden und Sinti 1942/1943
Sonntag, 29. September 2013
Beginn:12.00 Uhr
am Güterbahnhof Darmstadt
Kirschenallee/Ecke Bismarckstraße
Programm:
Renate Dreesen und Peter Schmidt, Sprecher der Initiative
Musikstück 1 Little Menuett von Merrill Knighton (Klarinettenquartett
Es spielen: Caja Walk (Klarinette) Hannah Rothe (Klarinette)
Dora Reinicke (Klarnette)
und Theresa Birli (Klarinette) Larissa Birli (Saxophon).
Irith Gabriely (Klarinette).
Oberbürgermeister Jochen Partsch für die Stadt Darmstadt
Musikstück 2. „Promise“ von Gavin Greenaway (Saxophon solo)
Thomas Keller, Vorsitzender des DGB- Ortverbands Darmstadt
Musikstück 3. Improvisation über das Totengeben, von Irith Gabriely
Schülerinnen der Heinrich-Emanuel-Merck-Schule:
Biografien:
Jule Schlomann, Lisa Jungblut: Zirkusfamilie Lorch
Lena Conzales: Benno Joseph
Caroline Becker: Elfriede Gruber erinnert sich
Julie Herbertz: Berta Wurzinger
Damaris Diestel: Alwine Keck
Musikstück 4. Traditional Yiddish : Zemer Atik. (Klarinettenquartett)
„Wir dürfen an diesem Ort nicht zurückweichen“
Geschichte – Initiative Denkzeichen Güterbahnhof erinnert an die vor siebzig Jahren deportierten Juden, Sinti und Roma
Am Güterbahnhof gedachten am Sonntag Politiker und Bürger der Juden, Sinti und Roma, die 1942 und 1943 von den Nationalsozialisten in Konzentrationslager deportiert wurden.
Am Güterbahnhof ist am Sonntag der 3400 Juden, Sinti und Roma gedacht worden, die 1942 und 1943 von dort aus in Vernichtungslager der Nationalsozialisten deportiert wurden. Bei der Feierstunde sprachen Oberbürgermeister Jochen Partsch, Stadtrat Peter Schmidt, Renate Dreesen und Gewerkschafter Thomas Keller.
Das Denkzeichen von Ritula Fränkel und Nicholas Morris hat eine bewegte Geschichte: 2004 eingeweiht wurde es 2006 beschädigt, 2012 repariert und sechs Wochen später erneut beschädigt. An einen Zufall will Stadtrat Peter Schmidt (Grüne) ebenso wenig glauben wie Renate Dreesen von der Denkzeichen-Initiative. Sie erhielt am Sonntag bei der Gedenkveranstaltung für die unter dem Regime der Nationalsozialisten aus Darmstadt deportierten Juden, Sinti und Roma Applaus, als sie bekannt gab: „Nach Rücksprache mit den Künstlern wollen wir weiter an diesem Ort festhalten.“ Die in der Nachbarschaft gelegene Evonik Industries AG habe sich bereit erklärt, an der Sicherung mitzuwirken, teilte Schmidt mit.
Die Klezmer-Musikerin Irith Gabriely bildete mit ihren vier Klarinetten-Schülerinnen Theresa Birli, Dora Reinicke, Hannah Rothe und Caja Walk sowie der Saxofonistin Larissa Birli ein kleines Orchester, das ergreifend Variationen eines Totengebetes vortrug. Auch Thomas Keller, Vorsitzender beim DGB Darmstadt und Mitglied des Bündnisses gegen Rechts, will nicht so recht an „Vandalismus oder Steinschlag“ als Ursache für die Beschädigung des Denkzeichens glauben.
Für Oberbürgermeister Jochen Partsch (Grüne) ist offensichtlich, dass das Denkzeichen ein Ärgernis darstellt für die Nazis. Deshalb ist er überzeugt, „dass wir hier an diesem Ort nicht zurückweichen dürfen.“
Die Schülerinnen der elften Jahrgangsstufe aus der Heinrich-Emanuel-Merck-Schule haben sich mit Biografien der Opfer beschäftigt. Lena Conzales sprach über den Rechtsanwalt Benno Joseph, Caroline Becker über Elfriede Gruber, Julie Herberts über Berta Wurzinger und Damaris Diestel erzählte, wie Alwine Keck 1943 die Verhaftung ihrer Großmutter erlebte. Besonders bewegend war die Geschichte der Zirkusfamilie Lorch aus Eschollbrücken, die Lisa Jungbluth und Jule Schlomann vortrugen. Ingeborg Prior hat sie in dem Buch „Der Clown und die Zirkusreiterin“ geschildert.
„Die Zahl der Zeitzeugen sinkt“, warnte Partsch, „wir müssen die jungen Menschen daran erinnern, dass es nicht nur die SS war, die Menschen deportiert und ermordet hat, sondern viele Darmstädter, die zu willigen Vollstreckern und Mittätern wurden.“ Er erinnerte daran, dass bei den jüngsten Bundes- und Landtagswahlen fast 500 Darmstädter die NPD gewählt hatten.