Jazz meets Klezmer and Classic
1. März 2015 Orangerie, Beginn: 16.00 Uhr
Zum ersten Mal stehen Emil Mangelsdorff und Irith Gabriely gemeinsam auf der Bühne: der König des Jazz und die Queen of Klezmer.
Emil Mangelsdorff
Emil Mangelsdorff (* 11. April 1925 in Frankfurt am Main) ist ein deutscher Jazzmusiker (Saxophon, Flöte). Mit seinem kräftigen Alto-Ton und fein ziselierten Linien zählt er nach Martin Kunzler „zu den profiliertesten, vielseitigsten Solisten“ des deutschen Jazz.
Er gehörte zu den Frankfurter Swing Kids, die wie die Hamburger Swing Jugend wegen ihrer Besteigerung für Jazz und Swing von den Nazis verfolgt und interniert wurden.
Mit seinen fast 90 Jahren ist Emil Mangelsdorff der König des Jazz in Deutschland und zählt zur europäischen Jazz-Elite,
In der Orangierie hören Sie ihn mit seinem Quartett und herausragenden Musikern: Vitold Rek (Kontrabaß), Janusz Stefanski (Schlagzeug) und Thilo Wagner (Klavier).
Auch der »special guest« Wilson de Oliveira unterstreicht das hohe Niveau des Quartetts.
Vitold Rek, Mitglied der Jazz-Initiative von Anbeginn an, wurde der Hessische Jazzpreis 2013 zuerkannt. Vitold Rek engangiert sich seit Jahrzehnten in unserer Region für den Jazz und hat sich mit unterschiedlichsten Projekten um den Jazz verdient gemacht.
Vitold Rek ist langjähriges Mitglied des Emil Mangelsdorff Quartets. Er unterrichtet an der Hochschule für Musik in Mainz. Eine umfangreiche Diskografie mit zahlreichen Eigenkompositionen belegt sein vielfältiges und musikalisch breit gespanntes musikalisches Werk, das sowohl im Jazz, als auch der europäischen Musiktradition und hier besonders in der polnischen Volksmusik beheimatet ist.
Am 22.02.2014 wird Vitold Rek die Auszeichnung im Rahmen des Just Music ’14 & Hessisches Jazzpodium in Wiesbaden verliehen. Die Laudatio wird Dr. Wolfram Knauer, Leiter des Darmstädter Jazzinstituts halten.
Janusz Maria Stefański (* 14. Juni 1946 in Krakau) ist ein polnischer Jazz- Schlagzeuger.
Er studierte Klavier und Schlagzeug an der Staatlichen Musikhochschule seiner Heimatstadt. Seit 1968 gehörte er gemeinsam mit dem neun Tage jüngeren Violinisten und Altsaxophonisten Zbigniew Seifert, dem Tenorsaxophonisten Janusz Muniak, dem Bassisten Bronisław Suchanek und dem Bandleader selbst dem legendären Tomasz Stańko-Quintett an, das bis 1973 drei LPs aufnahm. Nach Verhängung des Kriegszustandes in Polen im Jahre 1981 blieb Stefański nach einer Tournee im Westen und siedelte in die Bundesrepublik Deutschland über, wo er in Königstein im Taunus ein eigenes Musikinstitut leitete. Hier gründete er 1983 mit den ebenfalls emigrierten Kollegen Leszek Zadlo und Vladislav Sendecki das Polski Jazz Ensemble. In den 1990er Jahren spielte er im Quartett von Emil Mangelsdorff. Später gründete er ein eigenes Trio, dem außer ihm noch der Bassist Jürgen Wuchner und der Saxophonist Matthias Schubert angehörten.
Heute ist Stefański Dozent an der Hochschule für Musik Mainz und an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main. Im Jahre 2003 wurde ihm der Hessische Jazzpreis verliehen.
Jean-Yves Jung, geboren 1969 in Frankreich, ist selbstausgebildeter Jazzorganist, -pianist und -komponist. Er spielte abends Konzerte während er tagsüber Physik an der Universität studierte, bis er nach Abschluss seines Studiums den Schritt zum Vollzeitmusiker vollzog. Er zog nach Paris um Komposition zu studieren und Klavierstunden bei Bojan Zulfikarpaçik zu nehmen. Jean-Yves war ein Mitglied des Bireli Lagrene Quartetts über mehr als zwei Jahre hinweg und hat mit Billy Cobham’s “Higher Ground” sowohl aufgenommen als auch getourt.
Colalaila
Mit Peter Przystaniak, ihrem Pianisten, Komponisten und Arrangeur bildet die „Queen of Klezmer“ Irith Gabriely ein neues Quartett: „Colalaila classic“. Das Ensemble in klassischer
Besetzung mit Klarinette, Violine, Violoncello und Klavier bezaubert durch seine musikalische Intensität und temperamentvolle Darbietung. Jeder einzelne Musiker ist ein herausragender Solist und trägt durch sein mitreißendes Spiel zu dem vollen, orchestralen Gesamtklang
bei. Die erfolgreiche Gruppe spielt ein Repertoire von Klezmer, Klassik, Jazz und eigenen Kompositionen von Peter Przystaniak. Dazu erzählt Irith Gabriely, wie gewohnt, chassidische Geschichten und gibt dadurch einen authentischen Einblick in das jüdische Leben. Durch ausdrucksstarke Spielweise schafft es „Colalaila classic“, eine emotionale Verbundenheit zum Publikum herzustellen und die Zuhörer in jedem Konzert zu begeistern.
Peter Przystaniak studierte an der Akademie in Darmstadt, war musikalischer Leiter des Schauspielhauses am Staatstheaters Darmstadt und Gründer des Gospelchores „Gospel Inspiration“ und des Mainzer Formations „Juice Exbrass“. Zur Zeit unterrichtet er neben seinen pianistische Tätigkeiten an der Akademie für Tonkunst in Darmstadt sowie an der Musikschule Nieder-Olm. Darüber hinaus spielt er seit 21 Jahren mit großem Erfolg weltweit zahlreiche Konzerte sowohl im Duo mit Irith Gabriely als auch mit der Gruppe Colalaila. Daneben musizierte er auch mit der Zigeunerjazz- Legende Schnuckenack Reinhard u.A. im Kammermusiksaal der Berliner Philharmonie. Als Komponist ist Peter Przystaniak ebenfalls erfolgreich, der Musikverlag „Peters“ veröffentlichte viele seiner Kompositionen, wobei sein Heft “That’s Klezmer” zum “Bestseller” wurde.
Stefan Welsch (* 1969 in Husum) studierte bei Professor Peter Buck an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart und bei Professor Gert von Bülow an der Hochschule für Musik und Theater Rostock Violoncello, und legte dort mit Auszeichnung sei Konzertexamen ab. Von 1997 bis 2000 war Stefan Welsch Lehrbeauftragter der Hochschule für Musik und Theater Rostock und Assistent von Professor Gert von Bülow. Seit 1999 ist er Dozent für Violoncello an der Akademie für Tonkunst Darmstadt, seit 2002 zusätzlich Dozent des Jugend-Sinfonie-Orchesters Hessen. 2005 kam eine Anstellung als Dozent am Landesmusikgymnasium Rheinland-Pfalz (Peter-Altmeier-Gymnasium) in Montabaur dazu. Stefan Welsch konzertiert in verschiedensten kammermusikalischen Besetzungen. Dazu gehört unter anderem das Chagall-Quartett, ein klassisches Streichquartett, das seit 1994 Konzerte in Deutschland, Frankreich, Spanien und Dänemark gibt. Seit 2004 spielt er auch im Klezmer- und Jazz-Ensemble Colalaila Classic der israelischen Klarinettistin Irith Gabriely, mit dem er regelmäßig Konzerte gibt.
Norman Reaves
Nach dem Studium am Brucknerkonservatorium / Linz und an der Hochschule für Musik/ Freiburg im Breisgau bei Prof. N. Chumachenco mit dem Abschluss „Orchesterdiplom Violine“ sammelte Norman Reaves Orchestererfahrung bei Auftritten in ganz Deutschland, Frankreich und der Schweiz. Er spielte während des Studiums aushilfsweise im
Philharmonischen Orchester Freiburg und Orchestre Symphonique de Mulhuse. Viele Jahre lang war er Stimmführer VL.2 im Symphonieorchester Villingen-Schwenningen und Konzertmeister im Neuen Orchester Basel (CH). Heute ist Norman Reaves Mitglied von OMNIA-Strings, des Mainzer Kammerorchesters und der Neuen Philharmonie Frankfurt, mit der er u. a. Tourneen mit José Carreras, Ian Anderson, Chris de Burgh, Paul Potts oder David Garret begleitete. Auch machte er Erfahrung mit Fernsehauftritten, CD- und DVD- Aufnahmen. Seit 2015 ist Norman Reaves Mitglied der Gruppe Colalaila
De Oliveira lernte mit 14 Jahren Klarinette zu spielen. Er studierte am Nationalen Konservatorium in Montevideo und jammte im dortigen Jazzclub zusammen mit Sergio Mendes und Claudio Roditi. Trotz wachsender Popularität in Uruguay durch regelmäßige Auftritte in einer Fernsehshow siedelte er 1965 nach Madrid über, wo er jedoch wenig Auftrittsmöglichkeiten fand. Er tingelte mit Bands durch Europa, bevor er 1968 ein Stipendium erhielt, um an der Hochschule der Künste in Berlin Klarinette und Komposition zu studieren. Gelegentlich hatte er Engagements bei der SFB Big Band und in Gruppen um Carmell Jones, Åke Persson, Walter Norris, Leo Wright und Slide Hampton. Die 1973 durch eine Militärdiktatur veränderten Lebensbedingungen in seiner Heimat veranlassten ihn, in Deutschland zu bleiben.
Mit Heinz von Hermann gründete er das Latinjazz-Sextett „Candombe“; er trat auch mit der Fusionband „Virgo“ um Henryk Darlowski auf. 1975 wurde er Mitglied der hr-Bigband, deren Saxophonsolist er bis 2005 war; 1976 führte er auf dem Deutschen Jazzfestival Frankfurt seine dreisätzige Komposition „Alloys“ auf. Seit 1987 leitet er die Frankfurt Jazz Big Band (CD „El Carpincho“); auch spielt er in Thomas Cremers Quintett „Frankfurt Jazz Connection“. Immer wieder trat er mit Izio Gross, Dom Um Romao, Joe Gallardo und Claudio Roditti auf, spielte aber auch mit Rachel Gould, Chet Baker, Arturo Sandoval, Roy Eldridge, Clark Terry, Randy Brecker, Johannes Faber, Gary Burton, Toots Thielemans, Billy Cobham, Manfred Kullmann oder Larry Porter.
De Oliveira unterrichtete Arrangement und Komposition an der Universität Mainz und an der Musikhochschule Frankfurt.
Zum ersten Mal stehen Emil Mangelsdorff und Irith Gabriely gemeinsam auf der Bühne: der König des Jazz und die Queen of Klezmer.
Das sollten Sie sich nicht entgehen lassen!
Leider nichts gefunden.
Lasst uns glücklich sein
Benefiz – Jazz, Klezmer und Klassik in der Orangerie: Bekannte Musiker spielen für den Gedenkort Güterbahnhof
Spielen für die Verständigung: Jazzer Emil Mangelsdorff (Mitte) und Ensemble beim Auftritt in der Orangerie. Seine ersten musikalsichen Gehvesuche mit den „Swing Kids“ waren den Nazis ein Dorn im Auge gewesen.
Ein Gipfeltreffen bekannter Künstler aus der Region erlebte das Publikum in der restlos ausverkauften Orangerie. Klarinettistin Irith Gabriely und Saxofonist Emil Mangelsdorff ließen Jazz, Klezmer und Klassik zusammenfließen – alles für den Gedenkort Güterbahnhof in Darmstadt.
DARMSTADT.
Mit so viel Zuspruch hatte keiner gerechnet: Bis in die letzte Fensternische drängten sich die Menschen, die am Sonntagnachmittag in der Orangerie beim Benefizkonzert unter dem Titel „Jazz meets Klezmer and Classic“ den beiden Musikern Emil Mangelsdorff und Irith Gabriely lauschen wollten. Die Initiative Gedenkort Güterbahnhof Darmstadt hatte zu dieser Veranstaltung eingeladen und war von dem Andrang überrascht worden. Zum eigentlichen Beginn strömten noch immer viele in den vollen Saal.
Der Saxofonist Emil Mangelsdorff, der in zwei Monaten seinen 90. Geburtstag feiert, gehörte als junger Mann zu den Frankfurter Swing Kids, die wegen ihrer Begeisterung für Jazz und Swing von den Nazis verfolgt wurden. So war es ihm auch ein Anliegen, zur Verständigung zwischen den Menschen beizutragen und bei diesem Benefizkonzert dabei zu sein.
Mit seinem kräftigen Ton und klaren melodischen Linien zählt er noch immer zu den profiliertesten und vielseitigsten Solisten des deutschen Jazz und stellte dies mit seinem Quartett unter Beweis. Mit swingenden Mainstream-Klassikern und Stücken aus seiner neuesten CD verzauberte er das bis weit aus dem Rheinland angereiste Publikum. Und es war erstaunlich, was der Künstler an Virtuosität und Fingerfertigkeit auf seinem Altsaxofon abrufen konnte: Fein ziselierte Linien folgten druckvollen Passagen, silbern perlten die Töne und glitten flüssig in sanfte Melodien über – hier spielte ein lebenserfahrener Musiker, der aber niemals in Routine abglitt.
Mit dem Special Guest Wilson de Oliveira präsentierte er in schönster Harmonie lässig groovende „Stolen Moments“ und Jazz-Standards von Dexter Gordon oder Duke Ellington, dessen sentimentale Ballade „Prelude to a Kiss“ Mangelsdorff auf dem Altsaxofon wunderbar zum Klingen brachte.
Vitold Rek am Kontrabass und Janusz Stefanski am Schlagzeug waren passende und zurückhaltende Begleiter, denen aber auch genügend Raum für solistische Improvisationen eingeräumt wurde. Pianist Peter Przystaniak begleitete mit feinfühligem Spiel und prägte mit erfindungsreichen musikalischen Figuren seinen eigenen Stil.
So klingt der Urknall samt brodelnder Ursuppe
Töne ganz anderer Art schlug Irith Gabriely, die „Queen of Klezmer“, mit ihrem Ensemble „Colalaila“ im zweiten Teil des Nachmittags an. Die Klarinettistin, deren musikalische Entwicklung von Giora Feidman beeinflusst wurde, spielte sich mit emotionalem Klezmer in die Herzen der Zuhörer und bezauberte durch Intensität und Temperament. Die in lila und mit einem glitzernden Hut gekleidete Künstlerin blieb bei ihrem Auftritt nicht auf der Bühne stehen, sondern lief mit ihrem Instrument durch die Stuhlreihen und animierte zum Mitklatschen.
Ihr Quartett aus Klarinette, Violine (Norman Reaves, der Neuling im Ensemble), Violoncello (Stefan Welsch) spielte ein Repertoire von Klezmer, Klassik, Jazz und Kompositionen des Pianisten Peter Przystaniak. Dessen neuestes Werk „Four Windows“, eine Vertonung der Chagallfenster von St. Stephan in Mainz, beschreibt in vier Sätzen auf musikalisch-poetische Weise den Urknall mitsamt brodelnder Ursuppe, das erwachende und alles erweckende Licht, die Liebe zwischen Adam und Eva und die Geschichte eines aufsteigenden Engels. Ein ansprechendes kammermusikalisches Werk mit fast filmmusikalischen Charakter.
Leider folgten dieser ausdrucksstarken Komposition zwei lange Improvisationen über Carl Maria von Webers Klarinettenkonzert, für die Gabriely den Kollegen Wilson de Oliveira auf die Bühne bat. Diese passten aber so gar nicht in den bisherigen Rahmen und sprengten diesen besonders in zeitlicher Hinsicht.
Dass die meisten dennoch ausharrten, war der Ankündigung zu verdanken, dass zum Schluss noch einmal alle Musiker gemeinsam auftreten wollten. Sie stimmten mit dem Publikum das hebräische „Hava nagila…“ an – „Lasst uns glücklich sein!“
Darmstädter Echo 3.3.2015